Suche

Suche

Von Herzgleiche zu Herzgleiche

wird man abgetragen

und die große Bedingungslosigkeit

fällt tiefer und tiefer

Ich suche ab

das Salzwasser,

das kleine Mohnfeld

in der Entzündung

und schließlich

aller Ohnmacht

Anfang und Ende.

Und dort, 

dein Auge

kristallblau

sterblich.

Zeugnis

Zeugnis

Am Punkt der äußersten Lichtscheu
wo die Herzwand nur noch Salz ist
dünnst du aus mit jeder Welle
und es wird begangen
die Tat. Du wirst 
begangen. 

Die Rosen nur sind Zeugen
wenn alle Beständigkeit
das Bewusstsein verliert
sie nehmen das Zeugnis mit ins
Herbstgrab
man kennt sich nur selbst
durch das Zeugnis

Du musst es nachsprechen
lies es aus den Narben
der Blüten im Wind
sie riechen noch danach.

Geburt

Geburt

Wenn das Herz bricht
gebiert man unter Schmerzen
einen Teil von sich ins Nichts
die nachtfarbene Leere kollabiert in einem
und die Knochen werden flüssig.

Das violette Wundwasser
sammelt sich zwischen Nabel und Herzspitze
in diesem Rechteck von Verlorenheit
Aus dem Nabel, 
dem Andenken unserer Geworfenheit,
wächst vergifteter Mohn 
und lügt ewigen Schlaf
als wäre es möglich
nie gewesen zu sein.

Gebärmutter Herzspitze
Heimat aller Heimat
in der die Essenz wächst
und ihre Glieder formt
blutet dem Verlust hinterher
und düngt den Mohn
damit wenigstens der Rest 
gemeinsam geboren wird
dorthin wo alles unwiederfindbar ist.

Essenz

Essenz
(für alle Flüchtenden, die bei uns Heimat suchen II)

Ein Herz 
das Feindlichkeit in sich
Funken schlagen lässt
legt die Welt in Asche
und verrät sich selbst
und ist nicht mehr

Hütet euer Herz
wenn ihr nicht
als Erlöschende
in das Erlöschen gehen wollt
wir wurden schon gewarnt

Liebe ist solide Erde
brandsicher
füllt euer Herz
und lasst Zuflucht
in euch wachsen

Mit unserer Empathie
verlieren wir uns selbst
unsere Essenz
und alle Welt
vergeht

Herzsamen

Herzsamen
(für alle Flüchtenden, die bei uns Heimat suchen I)

Nur Glück unterscheidet
dich und mich

Nur aus Glück
darf ich angstlos lieben
aufwachen und Vertrautheit fühlen
an einem Ort an dem mein Herz
das Wort Heimat Wurzeln schlagen lassen könnte
wenn es wollte

Manche denken
sie hätten sich das Glück verdient
das unverdienbar ist
die ganze Welt
muss fruchtbarer Boden sein
auf dem jeder Herzsamen wachsen kann
und niemals muss

Solang unverdient Glückliche
den Boden vergiften
werde ich nicht pflanzen
sondern neue Erde auftragen
zwei Schaufeln für eine

Bruder, Schwester
ich will dir von meinem Glück geben
weil meins ohne deins
vollkommen wertlos ist
unsere Herzsamen blühen gemeinsam
oder gar nicht

Pergament

Pergament

Das eisenrote Pergament

in dem das Herztier noch lebt

tausendfach beschrieben

mit dem Ungesagten
und dem Unsagbaren

das Löcher in die Herzwand gräbt.

Das Ich läuft aus

die Lebensretter bauen Dämme

aus Salz und Blütenstaub

was vom Ich verloren ist

ist verloren.

Nur das Salz weiß.

Das Verlorene bleibt

als Phantomschmerz

und man spürt

wie viel man von sich verloren hat.

Ein Rechteck unter der Herzspitze

bis zum Bauchnabel.

Noch ungefähr drei Fünftel Mensch.

Und die Stille schreibt.

Glaskörper

Glaskörper

Ich bin ein Glaskörper

und wenn mein Brustkorb sich hebt

- man kann es ja nicht verhindern -

klirrt es so leise wie Schnee fällt

und die Ich-Krümel schwimmen mir im Blut

und das Herz wird wund und löchrig.

Die lichtdurchlässige Herzwand

ist mit Salztropfen benetzt

und fühlt sich im Prismakörper

wie Schuld haben an

Regenbögen sind gebrochenes.

Und so strahlt man

in allen Farben der Zerbrochenheit

und des Zerbrechens

und wünschte

man wäre wieder Sand.

Aus dem Nichts

Aus dem Nichts

Nichts passiert

noch nicht, vielleicht nie

und doch -

man bricht

und kann nichts tun

Nur aushalten

versuchen

Ein bisschen mehr

als nur aus Pflicht leben

versuchen

Vielleicht

kann ein Herz

das aus dem Nichts bricht

auch aus dem Nichts

wieder etwas ganzer werden

ganz unerwartet

Ich kann kaum atmen

aber ich kann einen Stift führen

- wenn auch nur gerade so -

vielleicht kann ich dann auch

den Fuß in den nächsten Tag heben

wenn auch nur gerade so.